Der Geist des Kaisers.

Viele Legenden ranken sich um Rom, und eine der gespenstischsten Geschichten erzählt von den Bemühungen der Christen, den Geist eines heidnischen Herrschers zu vertreiben, zu dessen zahllosen Verbrechen auch die Ermordung seiner Mutter und seiner Ehefrau gehörte.

Nach der Legende beging Kaiser Nero, der als Stifter des großen Brandes von Rom und Initiator der Christenverfolgung in die Geschichte eingegangen ist, im Jahre 68 an jener Stelle Selbstmord, an der heute die Kirche Santa Maria del Popolo steht. Neros Gebeine ruhten, wie es hieß, unter einem gewaltigen Walnussbaum, der damals dort wuchs. Angeblich aber spukte der böse Geist des Kaisers Nero mit dämonischen Begleitern in der Nähe der Grabstätte und peinigte jeden, der dort zufällig vorbeikam.

Ein Seeheld

In einer Märznacht des Jahres 1820 stand Stephen Decatur, der berühmteste Seeheld Amerikas, in düstere Gedanken versunken beim Fenster seines Hauses im lafayette Square in Washington. Decatur hatte vier Kriege miterlebt und glaubte, die Tage des Kampfes hinter sich zu haben. Nun aber sollte er sich am folgenden Tag gegen seinen Willen mit einem Marineoffizier duellieren, der er Jahre zuvor vor ein Kriegsgericht gebracht hatte. Der Mann macht ihn für seine gescheiterte Laufbahn verantwortlich und verlangte Satisfaktion.

Kurz vor Tagesanbruch verließ Decatur das Haus durch die Hintertür, seine Pistole in einem schwarzen Kasten unter dem Arm. Stunden später trugen ihn Freunde sterbend und mit der Sinnlosigkeit seines frühen Todes zurück. „Wäre es für mein Land gewesen„ sagte er, „fiele es mir leicht„.

Im folgenden Jahr sah man angeblich Decaturs schwermütigen Geist an jenem Fenster, an dem er in der Nacht vor seinem Tode gestanden hatte. Das Fenster wurde zugemauert, aber immer wieder erblickten Vorbeikommende an dieser Stelle eine durchscheinende Gestalt, die ihren Blick niedergeschlagen über das Grundstück schweifen ließ. Andere Zeugen sahen eine Gestalt aus dem Hinterausgang des Hauses schlüpfen, genau wie Decatur am Morgen seines Todestages getan hatte. Und unter dem Arm, so sagen sie übereinstimmend, trug die Gestalt einen kleinen, schwarzen Kasten.